Sonderausgabe der Schockenhoff-Lecture am 13. Dezember 2024 mit Prof. Dr. Stephan Harbarth und Dr. Irina Scherbakowa
Anlässlich des 10. Todestages von Dr. Andreas Schockenhoff findet am Freitag, den 13. Dezember 2024 um 17:00 Uhr im Konzerthaus Ravensburg eine außerplanmäßige Ausgabe der Schockenhoff-Lecture statt. Initiator Axel Müller MdB freut sich sehr, dass er als Ehrengäste den Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. Stephan Harbarth und die russische Menschenrechtlerin Dr. Irina Scherbakowa gewinnen konnte.
Initiator Axel Müller:
„Nach der überaus gelungenen Premiere der Schockenhoff-Lecture 2019 mit Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und der ebenfalls bemerkenswert erfolgreichen Fortsetzung 2023 mit unserem früheren Bundespräsidenten Joachim Gauck bin ich voller Freude und Dankbarkeit, dass für die Sonderausgabe am 10. Todestag von Dr. Andreas Schockenhoff nun Prof. Dr. Stephan Harbarth und Dr. Irina Scherbakowa meine Einladung nach Ravensburg angenommen haben.
Nach wie vor tobt der furchtbare und völkerrechtswidrige Krieg in der Ukraine und auch im Nahen Osten scheint die Welt aus den Fugen zu geraten. Unsere außen- und sicherheitspolitische Agenda hat sich grundlegend verändert. Dabei stehen wir auch im eigenen Land vor großen Herausforderungen, die ausgerechnet im Jubiläumsjahr „75 Jahre Grundgesetz“ unseren Wertekanon und unsere freiheitliche rechtsstaatliche Demokratie zunehmend in Frage stellen. Populistische Kräfte und ihre Parolen finden starken Zuspruch und zugleich schwindet das Vertrauen vieler Bürger in unsere Verfassungsorgane und staatlichen Institutionen.
Ich bin überzeugt, dass es keinen geeigneteren Rahmen für grundsätzliche Aussagen zur Zukunft und Stabilität unseres Landes gibt als eine Veranstaltung, die den Namen von Andreas Schockenhoff trägt. Über mehrere Jahrzehnte hinweg hatte er unsere außen-, europa- und sicherheitspolitischen Debatten mit seiner überzeugenden Argumentation Art geprägt. Seine zunehmend kritische Haltung zur Politik des russischen Präsidenten Putin – auch im Widerspruch zur deutschen Russlandpolitik – wurde bedauerlicherweise nicht ausreichend wahrgenommen und seine vorausschauende Analyse ist heute wohl aktueller denn je.
Dass an seinem 10. Todestag nun mit Dr. Irina Scherbakowa die Gründerin der 2022 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Menschenrechtsorganisation Memorial und mit dem Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts Prof. Dr. Stephan Harbarth unser oberster Verfassungshüter das Wort ergreifen, ist dem verdienstvollen Wirken von Andreas Schockenhoff nicht nur angemessen, sondern aus meiner Sicht auch ein Glücksfall. Ich bin sicher, dass die beiden Ehrengäste nachdrücklich der Frage nachgehen werden, wie es um die Zukunft Europas und Deutschlands bestellt ist und freue mich schon sehr auf diesen außergewöhnlichen Abend im Ravensburger Konzerthaus.“
Die Ehrengäste:
Prof. Dr. Stephan Harbarth
Stephan Harbarth wurde 1971 in Heidelberg geboren. Nach dem Abitur studierte er Rechtswissenschaften an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg. 1996 legte er das Erste Juristische Staatsexamen ab, im Jahr 1999 die Zweite Juristische Staatsprüfung. Parallel erarbeitete er seine Doktorarbeit, die mit dem Universitätspreis ausgezeichnet wurde. Seine berufliche Laufbahn als Rechtsanwalt begann er im Jahr 2000 in Mannheim. Von 2004 bis 2018 unterrichtete Harbarth als ehrenamtlicher Lehrbeauftragter an der Juristischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg und wurde 2018 dort zum Honorarprofessor berufen.
Ab 2009 wurde Stephan Harbarth drei Mal in Folge bei den Bundestagswahlen für den Wahlkreis Rhein-Neckar direkt in den Deutschen Bundestag gewählt. 2018 verließ er die Politik. Der Bundestag wählte ihn zum Richter im Ersten Senat des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe. Der Bundesrat wählte Harbarth unmittelbar danach auch zum Nachfolger von Ferdinand Kirchhof als Vizepräsident des Gerichts. Als Andreas Voßkuhle nach zwölf Jahren Amtszeit als Präsident des höchsten deutschen Gerichts ausschied, wählte der Bundesrat Stephan Harbarth am 15. Mai 2020 zum neuen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts. Am 22. Juni 2020 erhielt er von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier seine Ernennungsurkunde.
Als Präsident des höchsten deutschen Gerichts ist Harbarth oberster Verfassungshüter und hat das protokollarisch fünftwichtigste Amt im Staat inne. Das Gericht wacht über die Einhaltung des Grundgesetzes und entscheidet letztverbindlich jeden Streit über die Regeln der Verfassung.
Stephan Harbarth ist der erste frühere Berufspolitiker und Rechtsanwalt seit Jahren im Ersten Senat des Verfassungsgerichts. „Die Verteidigung des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaates, der sich starken Anfeindungen weltweit ausgesetzt sieht, wird die zentrale Herausforderung der nächsten Jahre sein“, benannte er seine Aufgabe als Gerichtspräsident. Er ist verheiratet und hat drei Kinder.
Dr. Irina Scherbakowa
Irina Lasarewna Scherbakowa wurde 1949 in Moskau als Tochter jüdischer Eltern geboren. Nach Studium und Promotion arbeitete sie zunächst als Übersetzerin deutschsprachiger Belletristik und als Redakteurin bei Literaturzeitschriften. Anfang der 1980er Jahre zeichnete sie Gespräche mit Überlebenden des Gulags auf und war 1989 an der Gründung der 2022 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichneten Organisation Memorial beteiligt, die sich für eine Auseinandersetzung mit den Verbrechen des Stalinismus in der ehemaligen Sowjetunion einsetzte. Scherbakowa zählt zu den bekanntesten Menschenrechtlern Russlands und der früheren Sowjetunion. Ab 1996 arbeitete sie zehn Jahre als Dozentin an der Russischen Staatlichen Universität für Geisteswissenschaften in Moskau. Zu ihren Forschungsgebieten zählten neben der Beschäftigung mit dem Gulag und sowjetischen Speziallagern auf deutschem Boden Oral History, Totalitarimus und Stalinismus sowie Erinnerungspolitik und kulturelles Gedächtnis in Russland.
Zu Scherbakowas wichtigsten Schriften gehören „Nur ein Wunder konnte uns retten. Leben und Überleben unter Stalins Terror“ (2000), „Der Russland-Reflex. Einsichten in eine Beziehungskrise“ (2015) sowie „Die Hände meines Vaters. Eine russische Familiengeschichte“ (2017). Die auf Scherbakowas Quellenarbeit basierenden Filme und Bücher wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Sie gehört unter anderem dem Kuratorium der Gedenkstätte Buchenwald sowie der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste an und war von 2007 bis 2015 Mitglied des internationalen Beirats der Berliner Stiftung Topographie des Terrors.
Irina Scherbakowa wurde wiederholt ausgezeichnet, zum Beispiel 2022 mit dem Marion Dönhoff Preis (Laudator Bundeskanzler Olaf Scholz) oder 2024 mit dem Hambacher Freiheitspreis (Laudator Altbundespräsident Joachim Gauck). Am 20. Oktober 2024 hielt sie in der Frankfurter Paulskirche die Laudatio auf Anne Applebaum, die mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels geehrt wurde.
Nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine und der staatlich angeordneten Auflösung von Memorial verließ Scherbakowa ihr Heimatland. Sie lebt in Berlin und in Israel und ist Vorstandsvorsitzende der in Berlin gegründeten Exilorganisation Memorial Zukunft.
Der Moderator:
Die Moderation des Abends übernimmt erneut der renommierte Politikwissenschaftler und Journalist Christoph Plate, der bereits die bisherigen Ausgaben moderiert hat und nach langjähriger Berichterstattung für Spiegel, Neue Zürcher Zeitung oder Schwäbische Zeitung für die Konrad-Adenauer-Stiftung tätig ist.
Organisatorische Hinweise:
Der Eintritt zur Schockenhoff-Lecture ist kostenlos. Die Teilnahme ist jedoch nur mit schriftlicher Bestätigung möglich.
Anmeldungen können daher aus organisatorischen Gründen bis 29. November 2024 ausschließlich über die Internetseite www.schockenhoff-lecture.de/anmeldung erfolgen.
Sofern das Interesse größer sein sollte als die Anzahl der zur Verfügung stehenden Plätze, entscheidet das Los. Die Zu- und Absagen werden ab 4. Dezember 2024 verschickt.
Fotos: Prof. Dr. Stephan Harbarth © Bundesverfassungsgericht │ lorenz.fotodesign, Karlsruhe; Dr. Irina Scherbakowa © Espen Eichhöfer/Zukunft MEMORIAL; Axel Müller © Tobias Koch; Plate © Konrad Adenauer Stiftung/Media